Eigentlich eine tolle Sache. Man ersetzt eine alte Funktion durch eine neue, die viel mehr kann, viel schneller ist, schöner aussieht und per Definition die Glückshormonproduktion des Anwenders um 200% steigert. Eigentlich sollte die Welt sabbernd vor ihren mobilen Geräten sitzen und sich an der neuen Messenger App von facebook aufgeilen. Tut sie aber nicht. Die Welt vermisst die Funktion, mit der Faust durch das Display schlagen zu können und die Entscheidungsträger treffen zu können, die sich das alles ausgedacht haben.
Seit Jahren besitzt die eigentlich sehr solide facebook App für iOS und Android eine Zusatzfunktion, mit der man die von Desktopgeräten bekannte Chatfunktion auch mobil nutzen kann. Während man also durch seineNeuigkeiten scrollt, Posts liked, Bilder kommentiert, sich die letzten Infos seiner Lieblingsfußballmannschaft reinzieht oder lustige Katzenvideos schaut, kann man leicht durch die angedockten Sprechblasen mit seinen Freunden, Bekannten und Liebsten in Kontakt bleiben.
Kommt eine neue Nachricht, tippt man kurz auf die Sprechblase und antwortet schnell, während im Hintergrund der kleine Felix in einem Wollknäul gefangen vom Deckenventilator baumelt. Oder man wischt kurz nach links, sieht auf einen Blick, wer online ist und schreibt kurz eine Nachricht in den Chat oder schickte ein Bild.
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Das war mal, denn.... heeeyyy... jetzt gibt es die tolle, neue Messenger App. Die Messenger App kann auch chatten und Bilder versenden. Außerdem bietet sie tolle weitere Funktionen, die man im Alltag bisher jede Sekunde vermisst hat: kostenlos telefonieren und Sprachnachrichten und Videoclips versenden. Alles Dinge, die man jeden Tag braucht, um existieren zu können. Auch, dass man dafür aus der facebook App, in der man seine Neuigkeiten ließt und postet und teilt, in eine andere App wechseln muss, statt einfach ein kleines Fenster eingeblendet zu bekommen, in dem man schnell etwas schreiben kann, ist total geil, weil..... ja, warum eigentlich?!?
</ironie>
Laut facebook ist die Messenger App deutlich schneller als die facebook App. Darüber hinaus hat sie Zusatzfunktionen, wie eben der Versand von Sprachnachrichten, kurzen Clips und die Telefonsache. Jedoch ist der Geschwindigkeitsvorteil durch das Wechseln zwischen der facebook App und der Messenger App total im Eimer. In der Zeit, in der man noch kürzlich ein
"Okay, komme um 8 Uhr!" oder etwas ähnliches in den Chat schreiben konnte, schafft man es nun so eben, in die Messenger App zu wechseln. Zurück muss man ja auch wieder, denn man will ja nicht verpassen, wie der kleine Felix sich aus seiner misslichen Wollknäul-Deckenventilator-Situation befreit!
Insgesamt verliert man das, was heutzutage eigentlich am kostbarsten ist: Zeit. Außerdem auch noch Nerven, denn das Rumgeswitche zwischen den Apps geht einem einfach tierisch auf den Sack!
Ehrlich, ich finde den Messenger toll! Ich hatte ihn auch schon vor dem Zwang auf meinem iPhone. Wenn ich mal eine Sprachnachricht oder ein Video versenden wollte, habe ich ihn auch bestimmt genutzt, ich schwöre! Hätte ich irgendwann mal kostenlos telefonieren wollen, hätte ich auch das ganz sicher über den Messenger gemacht. Aber kurze Chatnachrichten an meine facebook Kontakte versende ich dann doch lieber schnell und schmerzlos. Dafür hat mir die Chatfunktion absolut ausgereicht. Auch, wenn sie eventuell kein Geschwindigkeitsmonster war, war sie robust, stressfrei und einfach simpel zu nutzen. Warum man nicht bei der bisherigen Lösung geblieben ist, beides anzubieten, so dass der Nutzer entscheiden kann, was er lieber nutzen möchte oder die Wahl der Anwendung dem Einsatzzweck anpassent kann, ist dem geneigten User wahrscheinlich erstmal ein Rätsel. Tatsächlich ist es aber ganz einfach: Geld.
Die neue Messenger Anwendung darf wesentlich mehr und übermittelt mehr Daten an facebook. Aus mehr Daten und Informationen über den Anwender kann facebook viel gezielter Werbung einblenden. Gezieltere Werbung führ zu mehr Klicks und damit zu mehr Geld.
Letztenendes hat facebook also eine gute Lösung gegen eine umständliche
getauscht, um Metadaten abschöpfen zu können und dadurch noch googeliger zu werden.
Und wer ist der dumme? Der facebook-Sklave, der nicht mehr ohne kann.
Soviel für heute, ich höre schon die Peitsche knallen...